Am Wochenende habe ich die documenta 14 in Kassel besucht –für Migrationsforscher_innen diesmal besonders interessant: Flucht, Migration, Identität, globale Ungleichheit, Gewalt und Ausbeutung sind Themen, die sich in vielen der Werke finden. Als ,interessierte Laiin‘ in Sachen Kunst hatte ich nicht den Anspruch alles zu verstehen, aber mich auf vieles einzulassen und auch eingefahrene Denkwege zu verlassen.
Etwas herausfordernd war die Planung unserer zweitägigen Besichtigungstour, da die documenta-begleitenden Publikationen – wahrscheinlich bewusst – undurchsichtig strukturiert sind. Da, wo die ,Gelegenheits-Kunstliebhaberin‘ Orientierungshilfe und strukturierte Informationen sucht, gibt es meistens nur einen bestenfalls inspirierenden, leider manchmal verwirrenden ,stream of consciousness‘ verschiedener Autoren. Aber wahrscheinlich ist etwas Dekonstruktion und freie Assoziation ersteinmal nötig, um die überkommenen Denkmuster aufzubrechen…
Daher ein praktischer Tipp: Zum künstlerisch gestalteten Documenta-Plan am besten noch einen profanen, aber übersichtlichen ,normalen‘ Stadtplan von Kassel besorgen oder sich von der passenden App leiten lassen. Und vorab ein paar Zeitungsartikel zum Thema recherchieren – das bringt bei einer ersten Orientierung mehr als das ,documenta Daybook‘. Oder meine persönliche Top-10-Liste mitnehmen (hier in Kürze verfügbar…).
Abgesehen von diesen kleinen praktischen Hürden war der Besuch aber tatsächlich inspirierend. Und nach so viel Dekonstruktion und – mein neues Lieblingswort um als Kunstkennerin durchzugehen – Polysemie sieht man auch den Gegendiskurs stärker, den viele Werke wecken wollen. Mir erschien die documenta 14 als eine sehr politische. Man kann den Messages, Anregungen und Verstörungen folgen oder auch nicht – oder für sich das jeweils Passende zusammenklauben – jedenfalls bieten viele Werke Gegenentwürfe zu unseren oft unhinterfragten Wahrnehmungen an, zum selbstbezogenden Diskurs der OECD-Welt.